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Pick Me Girls by Sophie Passmann


Titel: Pick Me Girls

AutorIn: Sophie Passmann

Preis: 22,00€ (Hardcover)/16,99€ (E-Book)

Link zum Buch: Pick Me Girls

Bewertung: 4 Sterne 

 

Vielen Dank an den KiWi Verlag für das Rezensionsexemplar.


Klappentext:

 

Sophie Passmann hat mit »Pick me girls« nicht nur ihr persönlichstes Buch geschrieben, sondern auch eine kluge Auseinandersetzung mit dem männlichen Blick. Ihr Memoir zeichnet ein stellvertretendes Frauenleben nach und wirft die Frage auf: Welche Version von ihr selbst hätte Sophie Passmann sein können, wenn das Patriarchat nicht existieren würde?

 

»Ich bin nicht so wie andere Frauen«, ist der typische Satz eines pick me girls. Wahrscheinlich haben die meisten Frauen diesen Satz mal gedacht, nicht nur in der unbewusst-misogynen Abgrenzung zu einem ganzen Geschlecht, sondern als Herabwürdigung des eigenen Selbst – man ist nicht so dünn und hat keine so gute Haut wie alle anderen Frauen. Wenn man als Frau geboren wird, kommen die Selbstzweifel ab Werk. Spätestens in der Pubertät wird man mit der goldenen Regel konfrontiert, die zwar nirgendwo geschrieben steht, aber als allgemeingültig gilt: Der männliche Blick, das Begehrtwerden ist die höchste Währung.

Warum wir alle pick me girls sind und welche Unmöglichkeiten Sophie Passmann und höchstwahrscheinlich auch jede andere Frau im Laufe ihres Lebens ertragen muss, das seziert Sophie Passmann so scharf und klug wie keine andere. 


Meine Gedanken:

 

Ich finde es unheimlich schwer hier eine „normale“ Rezension zu schreiben, weil es sich ja um ein Memoir handelt. Da kann ich mich nicht auf Schreibstile, oder Handlungen beziehen. Vor allem nicht, weil es persönliche Erfahrungen sind. Und wer wäre ich, wenn ich diese be- oder verurteilen würde. Ganz davon abgesehen, dass ich mich auf fast jeder Seite selbst gesehen habe. Was ja auch das ist, was Sophie Passmann irgendwie erreichen wollte. Und wir haben sehr viele unterschiedliche Erfahrungen gemacht und doch sind wir im allgemeinen viel zu gleich. Wir sind beide weiblich. Frauen. Pick Me Girls.

 

Deshalb dachte ich, ich nehme mir die Zitate, die mir am meisten im Kopf geblieben sind und schreibe ein wenig darüber. Dieser Text könnte ein wenig länger werden. Vielleicht wird er niemanden dazu bringen das Buch zu lesen. Vielleicht aber doch.

 

Ich weiß, dass ich die Frau, die ich eigentlich hätte sein können, nicht mehr werde. S. 9

 

Wie wahr das ist und es ist gleich am Anfang des Buches. Es schmeißt dich direkt in die Welt des Frauseins und was uns hier in dem Buch erwartet. Wir trauern Versionen von uns selbst hinterher und freuen uns gleichzeitig darauf, wer wir sein werden, obwohl der Weg dahin nicht leicht sein wird. Eine Sache, die wir wahrscheinlich wirklich alle gemeinsam haben.

 

Wenig irritiert mich an meinem Job mehr, als die Tatsache, dass Frauen vor allem für Frauen schreiben und Männer für alle schreiben dürfen. S. 16

 

Ein weiteres Zitat, was mich komplett schockiert hat, aber eigentlich gar nicht so überraschend war. Ich habe nur vorher noch nie so wirklich darüber nachgedacht. Und dann ein bisschen zu sehr. Es gibt immer Ausnahmen, natürlich, aber wie oft kommt es noch vor, dass Leute von Frauenliteratur reden. Die eben anscheinend nur für Frauen ansprechend ist und wenn wir uns dann den Namen anschauen… von einer Frau geschrieben. Männerliteratur? Gibt es nicht. Habe ich noch nie gehört. Und es macht mich tatsächlich wütend, ein bisschen enttäuscht und ich bin froh, dass Sophie Passmann es angesprochen hat.

 

Ich war immer dann am uninteressantesten, wenn ich besonders beliebt bei besonders vielen Männern war. S. 19

 

Ich kann nicht in Worte fassen wie normal das wirklich ist. Wie viele Frauen ich kenne, bei denen es zutrifft. Man verliert seine Persönlichkeit, ein bisschen seine eigenen Werte und auch Grenzen. Und ganz plötzlich ist man wie andere Frauen, obwohl man gar nicht so sein will und es auch nicht falsch ist wie andere zu sein. Ich glaube, wir wünschen uns alle, manchmal ein bisschen weniger gewesen zu sein und dafür etwas mehr in anderen Dingen.

 

Wenn ich versuche, mir vorzustellen, dass all die Momente der Unruhe, die ich bis in meine Zwanziger hatte, auch Momente der Ruhe hätten sein können, übersteigt es meine Vorstellungskraft, mir auszudenken, was ich mit all der gewonnenen Zeit und Energie hätte anfangen können. S. 141

 

Ich bin froh, dass ich das Buch jetzt gelesen habe, in der Mitte meiner Zwanziger. Ich glaube, mein jüngeres Ich war viel zu stur und es hätte ihr gar nichts gebracht. Jetzt fühle ich mich ein wenig verstanden und unterstützt dabei, dass ich erst einmal damit klarkommen muss, ein paar Jahre meines Lebens nicht wiederzubekommen. Ja, das ist eine Menge Zeit und Energie, aber anscheinend bin ich damit ja nicht allein gewesen und das ist irgendwie schön. Mein jüngeres Ich lacht wahrscheinlich immer noch über diese Worte und das ist okay, ich verzeihe ihr.

 

Man verliert beim Versuch, ein besserer Mensch zu werden, leider Teile von sich. S. 213

 

Das tat weh, aber musste gesagt werden. Man verliert schlechte Teile von sich, aber manchmal auch gute. Und das ist irgendwie gruselig, so gruselig, dass ich es eigentlich auch gar nicht richtig erklären kann. Auf dem Weg biegt man ganz oft falsch ab und verliert etwas, was man am Ende nicht wieder bekommt, aber gerne wieder hätte. Dann muss man sich anpassen, immer und immer wieder, um etwas gerade zu biegen, was jemand anderes kaputt gemacht hat. Manchmal, nicht immer. Deshalb ist das auch alles so verdammt verwirrend, aber so verdammt individuell wie es auch verdammt alltäglich ist. Bei uns allen.

 

Wie gesagt, das hier ist keine Rezension, kann es auch nicht sein. Es gibt noch sehr viele andere Zitate, die ich gefühlt habe. Ich habe das Buch schließlich als Hörbuch angehört und danach nochmal gelesen, um genau diese Zitate zu markieren. Sophie Passmann schreibt nicht perfekt, weil sie es auch nicht ist. Genau darum geht es. Man kann nicht alles richtig machen, es aber versuchen und andere ein wenig inspirieren das selbe zu tun. 

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